Panel „Wen kümmert’s wer’s sieht?“, 24.02.2024, Tanzplattform Deutschland, Freiburg

Tanzplattform Deutschland 2024
24. Februar 2024, 10:00 – 11:30 Uhr, Peterhofkeller, Freiburg


Mit den Künstler*innen & Produzent*innen: Angela Alves, Jenny Beyer, Anna Kempin, Anne Kersting, Godlive Lawani, Sheena McGrandles, Hannah Melder, Antje Pfundtner, Line Rousseau, Rui Silveira, Stephanie Thiersch, Ursina Tossi, Charles Washington
Moderation: Felizitas Stilleke

Eine Veranstaltung im Rahmen von Kreativ-Transfer in Kooperation mit dem Goethe-Institut, Antje Pfundtner in Gesellschaft und oben genannten in Deutschland produzierenden Tanzschaffenden. Die Initiative zu der Veranstaltung entstand innerhalb einer Austauschgruppe zum Thema „Distribution“ rund um: Antje Pfundtner in Gesellschaft (Anne Kersting, Hannah Melder, Antje Pfundtner), Jenny Beyer, Josep Caballero Garcia, Fabrice Mazliah, Sheena McGrandles, Stephanie Thiersch, Ursina Tossi, Elke Weber und Katharina von Wilcke.

Zusammen mit Kreativ-Transfer, Förderprogramm des Dachverband Tanz Deutschland, und dem Goethe-Institut stellen Tanzschaffende die Frage nach der Sichtbarkeit ihrer Arbeit: Was braucht es, damit Stücke nicht sofort nach dem Produzieren wieder verschwinden? Mehr Bühnen, mehr Plattformen, geteilte Aufführungs- bzw. Feature-Modelle? Und wer übernimmt die Verantwortung für das Sichtbar-Bleiben? Und wird eine erhöhte (internationale) Sichtbarkeit allein durch (internationale) Gastspiele und Touring erreicht?

Der Produktions-Zwang widerspricht dem Auftrag der Nachhaltigkeit – das scheint inzwischen ein angenommener Konsens zu sein. Wie aber kann Nachhaltigkeit als wiederholende und selbstbestimmte künstlerische Praxis funktionieren? Können Kunstschaffende sich mit der Verbreitung ihrer Produkte selbst am Markt positionieren, indem sie die Gastspielpolitik nicht allein den einladenden Institutionen überlassen? Was sind künftige Produktions- und Verbreitungswege aus der Kunst heraus und wie lässt sich der nachhaltige Anspruch von Mehr-Touren, statt immer neu zu produzieren, damit vereinbaren, dass es nicht genug Bühnen für alle gibt?

Entlang jener brennenden Fragen zur Gastspiellage in Deutschland lädt eine Gruppe von Tanzschaffenden dazu ein, sowohl über die jeweiligen Handlungsspielräume der Tanzschaffenden selbst als auch über die auf Überproduktion angelegten föderalistischen Förder- und Theaterstrukturen zu diskutieren.

Eine Veranstaltung im Rahmen von Kreativ-Transfer, Förderprogramm des Dachverband Tanz Deutschland, gefördert durch die Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien. In Kooperation mit dem Goethe-Institut und Antje Pfundtner in Gesellschaft, gefördert von TANZPAKT Stadt-Land-Bund aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Fotos

Fotos: Marc Doradzillo

Presse

„’Who cares who sees it!‘ ist die Frage, womit sich ein Teil der Festivalteilnehmer*innen am Samstagvormittag beschäftigen. In einer offenen Diskussionsrunde werden strukturelle Probleme hinsichtlich Sichtbarkeit, Distribution und Zirkulation der Arbeit von Tanzschaffenden in Deutschland thematisiert. Es geht um Ansprüche an die Künstler*innen, die weit über den eigentlichen künstlerischen Prozess hinausgehen, um Premierendruck und die Schwierigkeiten von Wiederaufnahmen und Touring, um Ineffizienz innerhalb der Förderstrukturen sowie den Bedarf von zuverlässigen langfristigen Kooperationen. Das Interesse an dieser Veranstaltung ist groß, der Peterhofkeller voll. Es zeigt die Notwendigkeit dieses Formats und sicherlich auch, dass es bislang zu wenig davon in Deutschland gibt. Als Ausgangspunkt für die Diskussion wird in der Vorstellungsrunde auf eine Studie von Onda France (www.onda.fr) verwiesen, laut der die Hälfte aller produzierten Stücke in Frankreich nur ein- oder zweimal gezeigt werden. Dem allgemeinen Erfahrungswert nach scheint sich das in Deutschland ähnlich zu verhalten.
Es ist eine emotionale Gesprächsrunde, nicht nur als erweiterte Themen wie die Demobilisierung lokaler Kunstszenen durch tourende westliche Kompanien angesprochen werden. Man spürt, wieviel Druck, Frust und Existenznöte für die Beteiligten damit verbunden sind. Ernüchternd ist,wie immer an dieser Stelle, der Hinweis auf die Aufteilung der Fördergelder in Deutschland, wo der Löwenanteil an die Stadttheater geht und somit von vornherein nur ein verhältnismäßig kleiner Topf für freie Produktionszentren, Festivals und Freelancer bleibt.
Angesichts der diesjährigen Tanzplattform, die untypischerweise vom Freiburger Stadttheater ausgerichtet wird, stellt sich da beispielsweise die Frage, wie das Theater Freiburg durch Kooperationen mit lokalen Tanzschaffenden auch die Szene vor Ort stärken könnte.
Fragen gibt es in dieser Runde viele, geklärt werden können sie hier – natürlich – nicht. Es bleibt der Aufruf zur Kommunikation und eine Art Schlussappell, endlich mit dem weit verbreiteten Missverständnis aufzuräumen, die Künstler*innen müssten diese Probleme alleine bewältigen. ‚Nobody can!’“
Rachel Oidtmann/ tanzschreiber@TPD24 (eine Kooperation des Tanzbüro Berlin und der Tanzplattform Deutschland 2024)