Uraufführung: 17. Februar 2023, Kampnagel Hamburg
„We Call it a House“ begann im Jahr 2021 mit dem Interesse, sich zu fragen, wem eigentlich die Bühne gehört, wer dort hinkommt und wer wen dort erwartet. Es war mitten in der Pandemie und Antje Pfundtner in Gesellschaft erwartete all diejenigen, die nicht kamen. So entstand ein Film, in dem die Bühne zu einem Haus mutierte, das allen offenstand und die Zuschauenden zu Hause näher heranließ, als in der direkten Begegnung.
Es sind jetzt fast zwei Jahre vergangen, das Trio öffnet die Türen seines Hauses erneut und befragt den Ort, an dem nun alle zusammenkommen. They call it a house … Während sich das Haus karussellartig immer noch und immer weiterdreht, sucht das Trio nach einem selbst gewählten Anhalten, einem Stopp, einem Aussichtspunkt, um von dort aus auf umliegende Zukunftsorte zu blicken: Wer wird einen Anspruch auf sie erheben, sie sich unter den Nagel reißen, Hand daran anlegen und wer wird endlich genug haben? They call it a house – aber sie wissen, dass es auch ein Ort ist, der niemandem gehört und den alle nur vorübergehend beleben, statt zu bewohnen. They call it a house – und sehen es als ihr Versprechen, nebeneinander Platz zu nehmen, für einen Moment.
Vor fünf Jahren hat Antje Pfundtner in Gesellschaft bereits damit begonnen, neben ihren Bühnenstücken auch Formate künstlerischen Teilens zu veranstalten: Rund um die Fragen „Wie teilt man Ideen? Wie teilt man Geld? Wie teilt man Bühne?“ dienen die TISCHGESELLSCHAFTEN der Erforschung von Ressourcenteilung.
„We Call it a House“ ist das erste Stück von Antje Pfundtner in Gesellschaft, das jene Forschung direkt in eine Aufführungspraxis übersetzt. So hat Antje Pfundtner in Gesellschaft Choreograf:innen dazu eingeladen, die Bühne – einer Vorband gleich – für einen eigenen Moment zu nutzen. Die Künstler:innen, die sich dieser Einladung anschließen, produzieren allesamt ihre Arbeit in Hamburg und zeigen diese, sofern gefördert, an anderen Orten als auf Kampnagel.
Am ersten Abend präsentiert die Perkussionistin Ying-Hsueh Chen eine Szene aus der Konzertperformance „HIT“ von Greta Granderath, die 2022 im Kraftwerk Bille Hamburg uraufgeführt wurde.
Am zweiten Abend zeigt Venetsiana Kalampaliki einen Ausschnitt aus ihrer Residenzrecherche im Kulturzentrum NAVE in Santiago de Chile. Sie hat sich entschieden, ihre Forschung im Austausch mit Zuschauer:innen zu vertiefen, bevor sie sie in eine abendfüllende Aufführung überführt.
Am dritten Abend präsentieren Israel Akpan Sunday und Paul Timmich eine Szene aus Israel Akpan Sundays am Sprechwerk Hamburg uraufgeführten Arbeit „AFROCONFUSIONIST“ aus dem Jahr 2022.
Idee & Konzept: Antje Pfundtner in Gesellschaft
Choreografie: Antje Pfundtner
Tanz: Juliana Oliveira, Antje Pfundtner, Matthew Rogers
Dramaturgie: Anne Kersting
Musik & Sound: Nikolaus Woernle
Soundtechnik: Tobias Gronau
Bühne: Irene Pätzug
Bühnentechnik: Holger Duwe
Kostüme: Yvonne Marcour
Licht: Michael Lentner
Produktion, PR & Marketing: Hannah Melder
Assistenz & Mitarbeit Öffentlichkeitsarbeit: Vivienne Lütteken
Mitarbeit Öffentlichkeitsarbeit: STÜCKLIESEL
Es eröffnen den Abend: Ying-Hsueh Chen und Greta Granderath, Venetsiana Kalampaliki, Israel Akpan Sunday und Paul Timmich
Gäste: Dani Brown, FrontMan, Alrun Hofert, Fabrice Mazliah
„We Call it a House“ ist eine Produktion von Antje Pfundtner in Gesellschaft in Koproduktion mit Kampnagel Hamburg. „We Call it a House“ wird gefördert von TANZPAKT Stadt-Land-Bund aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie durch die Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Kultur und Medien.
Fotos
Fotos: Simone Scardovelli
Presse
„Noch stärker als in früheren Produktionen nutzt Antje Pfundtner in Gesellschaft den Charme eines klug komponierten Objekttheaters, das sich in Verbindung mit dosierter, ironischer Sprache und wenigen Tanzbewegungen zu einem Tableau des Staunens und Wunderns formt. In ihrer Choreografie schafft Antje Pfundtner dabei eine wunderbar zarte, fantasievolle Annäherung an Fragen des Miteinanders, der bedrohten Natur und eines flüchtig zusammengezimmerten Raumes, der den drei Performenden auf seinen Rollen immer wieder sanft entgleitet. Alles hier ist Überraschung. Jede Wendung kreiert neue, ungewohnte Bilder. Wie ein Traum, in dem man zunächst nicht alles entschlüsselt. Es ist aber genau diese Offenheit, die die Faszination und die Freude des Zuschauens eher noch verstärkt.“ Annette Stiekele/ Hamburger Abendblatt
„Lautete die Frage 2021 noch ‚Wer bin ich im Zusammenhang mit anderen? In welcher Verbindung stehen wir?‘, geht es jetzt um die Fragen: ‚Wem gehört die Bühne? Wer kommt dorthin? Und wer trifft dort auf wen?‘ Themen, die auch in den von ihr ins Leben gerufenen ‚Tischgesellschaften‘ bearbeitet wurden. Ein konkretes Ergebnis davon war, dass die Kompanie die Bühne für Gastauftritte öffnete – an jedem der drei Spieltage auf Kampnagel waren es andere. (…). Allein schon diese wunderbare Idee ist eine Neuerung von hohem Nachahmungswert. Von großem Unterhaltungswert ist dann das gesamte Stück. ‚We Call it a House‘ spielt mit einer blauen Klappmuschel, einem festgefügten sonnengelben Holzzelt und einem erst noch zu errichtenden knallroten Tipi, um den Begriff ‚Haus‘ neben dem Ort der Bühne selbst zu füllen. Drei Primärfarben also, die mit für das Grundlegende stehen, das so einem Zuhause eigen ist. Von diesen verschiedenen ‚Aussichtspunkten‘ aus betrachten die drei Performer*innen die Welt. Neben Antje Pfundtner selbst sind das Juliana Oliveira und Matthew Rogers, und jeder ist auf ihre und seine Art umwerfend komisch und tiefgründig zugleich. Zum Beispiel, wenn sich Antje Pfundtner Boxhandschuhe aus Holz anzieht und noch dazu eine Maske aus Vollholz über den Kopf stülpt … Oder wenn sich alle drei über trennende Wände eines hölzernen Paravents, der ebenfalls als Haus dient, die Köpfe streicheln. Es gibt eine Vielzahl solcher Momente, die in Bann schlagen und ein Lächeln in die Seele der Zuschauer*innen zaubern. Bestechend auch die fließenden Übergänge zwischen Sprache und Tanz, die zärtliche Poesie der Berührungen. Kontrastiert von dem stellenweise ohrenbetäubenden Geklapper und Getrommel der sechs Holzschuhe, mit denen alle drei immer wieder die Bühne durchqueren, bis sie zum Schluss im Liegen mit emporgereckten Beinen immer wieder wie zufällig aneinanderstoßen, anklingen und verklingen, während das Licht verlischt, der Sound aber immer noch da ist, bis das Licht wieder angeht und das sanfte Pingpong weiter anhält. Es ist dieser ungemein lyrische Klang am Schluss, der eine fast magische Sogwirkung hat, so dass man gar nicht aufhören möchte, ihm zu lauschen. ‚We Call it a House‘ ist ein Stück, dem man eine große Verbreitung wünscht, weil es auf so schwerelose Weise zum Nachdenken anregt, weil es so viel Zuversicht und Heiterkeit verströmt in diesen gar nicht so heiteren Zeiten. Und weil es klar macht: Wir sitzen alle im selben Haus. Irgendwie.“ Annette Bopp/ tanznetz.de